01.01.2013

Wieviel Glück braucht der Mensch?

„Das Glück der Ehe hängt nicht so sehr davon ab, ob ich den rechten Ehepartner habe, sondern vielmehr davon, ob ich der rechte Ehepartner bin."
Arno Backhaus (geb. 1950), christlicher Liedermacher, Sänger

Es gibt heute unendlich viele Glücks-Angebote. Vom Glücks-Shopping über den Erlebnisurlaub bis hin zum Traumhaus, Extrem-Sportarten oder Weltreisen; überall werden uns Angebote gemacht, die letztlich auf unser Verlangen nach Glück abzielen. Partnervermittlungsinstitute und Romantikhotels werben mit Liebesglück. Drogen locken mit Glückserfahrungen, Energiedrinks versprechen Glück durch mehr Leistungsfähigkeit. Ganz zu schweigen von Angeboten im Bereich der Selbsterfahrung, des Erfolgs im Beruf und in der Liebe. Auch in Esoterik-Kursen, Tantra, Yoga oder diversen Meditationsformen bis hin zu den in Hülle und Fülle angebotenen Wellness-Erlebnissen überall geht es um das Glücklichsein. Interessant ist nur, dass neueste Forschungsergebnisse davon sprechen, dass solche käuflichen Angebote letztlich nicht ausschlag­gebend sind für unser Glück. Was ganz konkret bedeutet, dass weder Kaufkraft noch Konsum zu dauerhaftem Glück führen.

Doch was lässt uns Menschen glücklich werden?

„Geld macht nicht glücklich," hören wir immer wieder und dennoch füllen in Deutschland beispielsweise 40 Prozent der Bundesbürger mindestens einmal im Jahr einen Lottoschein aus und träumen vom „großen Glück" im Lotto. Andere sehen ihr Glück in der beruflichen Karriere und suchen sich einen Job, bei dem man „richtig Geld machen" kann.

„Wer seine Tür hoch macht, ringet nach Unglück."
Die BIBEL, Sprüche 17, 19

Noch weiter oben im Trend der Glücksgarantien rangiert die Schönheitschirurgie. Was wirklich hinter diesem Trend steht, soll hier gar nicht gefragt werden. Sicher ist nur, dass Menschen, die sich einem schönheits­chirurgischen Eingriff unterziehen, das in der Regel mit einer Glückserwartung verbinden. Deshalb wird inzwischen gesaugt, geliftet, gestrafft und gelasert, was immer möglich ist. Bauch und Brüste, Oberschenkel, Augen, Hals, Nase überall kann entweder vergrößert oder verkleinert, gestrafft und verändert werden.

Warum entstehen solche Trends?

Weil Menschen endlich einmal in ihrem Leben so sein möchten wie andere, die sie für glücklich halten. Endlich einmal anerkannt und bewundert werden das ist das Ziel vieler und wird so zum Anreiz für den Gang zum Schönheitschirurgen. Endlich einmal sich alle möglichen Annehmlichkeiten leisten können und einen Lebensstandard, der die Kollegen neidisch macht diese Hoffnung motiviert viele trotz der geringen Gewinnchancen, einen Lottoschein auszufüllen. Doch wie lange hält so ein Glück? Und was ist überhaupt Glück?

Nichts quält, nichts versklavt so sehr wie die Hoffnung auf irdisches Glück.
Julian Green (1900-1998), Schriftsteller

Was ist Glück?

Glück kann definiert werden als „anhaltende Wahrnehmung des eigenen Lebens", das wir als „erfüllt, sinnvoll und angenehm" empfinden. Glück ist in jedem Fall mehr als eine Episode von Lust oder wohligen Empfindungen. Denn unsere Vorstellungen vom Glück beziehen sich fast immer auf anhaltendes Lebensglück, und das wiederum ist an unsere Lebenseinstellung geknüpft. Deshalb stellt sich tatsächlich die Frage, was wir tun können für unser Glück.

Lässt sich Glücklichsein lernen?

Wodurch unterscheiden sich glückliche von weniger glücklichen Menschen? Welche Merkmale lassen sich bei den Menschen finden, die von sich sagen, sie seien glücklich?

1. Glückliche Menschen sind fast immer aktive Menschen

Glückliche Menschen bringen sich ein, sehen sich als Gestalter ihres Lebens. Darin zeigt sich bereits ein Wesensmerkmal des glücklichen Menschen. Denn wir alle erleben uns in der Regel dort als besonders vital, erfüllt, lebendig und glücklich, wo wir aktiv sind, uns einbringen und etwas mitgestalten. Wer das nicht tut, empfindet sein Leben vielleicht als blass, unbedeutend und langweilig. Vielleicht tut er sogar, was zu tun ist, aber sein inneres Erleben bleibt passiv, desinteressiert, freudlos. Wer seine Aufgaben und Herausforderung jedoch aktiv angeht, gewinnt dadurch Lebenskraft und oft auch Lebensmut: Ich tue etwas und bin dabei ganz bei der Sache, weil ich es tun will. Das Gegenteil davon ist, etwas zu tun, weil man es tun muss.

„Unser Glück ist, dass wir an etwas Größeres und Besseres glauben können!"
Matthias Claudius (1740-1815), Dichter, Publizist

Es gehört also zur Lebenskunst des Glücklichseins, dass wir zu einer Haltung der Entschiedenheit finden. Probieren Sie es aus, wenn Sie irgendeine alltägliche Arbeit tun, wie z. B. die Fenster putzen oder im Frühjahr den Garten umgraben und neu bepflanzen. Und denken Sie daran: Wo wir aktiv werden und über eigene Schwächen und Trägheit siegen, erleben wir Glück. In diesem Zusammenhang schrieb der Schriftsteller Manès Sperber einmal davon, dass das Glück wie eine Überwindungs-Prämie sei.

2. Glückliche Menschen wollen, was sie kriegen

„Glück bedeutet nicht, das zu kriegen, was wir wollen, sondern das zu wollen, was wir kriegen," schrieb der Diplompsychologe Heiko Ernst in der Zeitschrift „Psychologie heute". Viele Menschen glauben heute einen Anspruch auf all das zu haben, was sie sich erwarten, was das Leben ihnen bieten müsste. Wenn ich allerdings glaube, dass ich nicht glücklich und zufrieden sein kann, wenn ich nicht bekomme, was ich mir wünsche, wird meine Chance zum Glücklichsein um einiges geringer.

„Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind."
Francis Bacon (1561-1626), englischer Staatsmann, Philosoph, Naturwissenschaftler, Beamter

Denn wer sich so an seine eigenen Wünsche ausliefert, gerät leicht in eine Abhängigkeit von diesen Wünschen. Wer sich hingegen auch auf Unverhofftes einstellen kann, gewinnt dadurch an Freiheit und seine Chance zum Glücklichsein steigt. Die Glücksforschung empfiehlt uns sogar, nicht nur unsere Erwartungen hinter uns zu lassen, sondern auch „Ja" sagen zu lernen zu dem, was ist. Wer auch mit belastenden Erfahrungen die nun einmal auch zu unserem Leben gehören zu leben imstande ist, dem geht es in jedem Fall besser.

3. Glückliche Menschen vergleichen nicht

Wer sich mit anderen vergleicht, sieht meistens nur Mängel und Unvollkommenheiten. Er denkt daran, was er nicht hat, nicht kann und nicht ist. Das alles setzt ein solcher Mensch dann in Beziehung zu anderen, die viel mehr haben, denen alles besser gelingt und denen es deshalb auch vermeintlich viel besser geht. Doch dieses neidische Vergleichen bringt uns um unser Glück.

„Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgend etwas, das deinem Nächsten gehört."
Die Bibel, Zehn Gebote

Es gibt auch Menschen, die ständig nur jammern und klagen über das, was sie gerade nicht haben. Sie sehen sich immer nur als Opfer und sind weder bereit, auf Ansprüche zu verzichten, noch strengen sie sich besonders an, sich ihre Wünsche zu erfüllen. Wer so lebt, darf sich nicht wundern, dass er das Glück gar nicht sieht, mit dem er vielleicht bereits gesegnet ist.

4. Wirklich glückliche Menschen wissen, dass Glücklichsein selbst im Unglück möglich ist.

Wir haben in der Regel klare Vorstellungen, was wir besitzen müssten, um glücklich zu sein. Das kann materieller Wohlstand sein, körperliche Schönheit oder Intelligenz. Doch die Glücksforschung sagt uns, dass diese Erwartungen nicht mit der Realität übereinstimmen. Menschen, die all das haben, sind nicht glücklicher als andere. Dem gegenüber steht das Glück jener, denen z. B. großes Unglück zugestoßen ist, wodurch sie eine oder mehrere der oben genannten Eigenschaften verloren haben. Dass eine Querschnittslähmung einen Menschen nicht automatisch unglücklich machen muss, zeigen die sportlichen Wettbewerbe der Paralympics, bei denen behinderte Menschen schon oft bewiesen haben, dass man trotz einer Behinderung nicht automatisch unglücklich sein muss. Die Glücksforschung spricht in diesem Zusammenhang von der Anpassungsfähigkeit der Psyche. Der Mensch besitzt die Fähigkeit, zu seinem Leiden und zu seinen Einschränkungen Stellung zu beziehen. Deshalb können auch behinderte und kranke Menschen trotz ihres Leids Glück und Sinn erfahren.

5. Glückliche Menschen finden und schaffen immer wieder Anlässe, sich wohlzufühlen und sich zu freuen

Wie uns die Glücksforschung sagt, ist es nicht die Intensität eines Glücksmoments, die unser Glück ausmacht, sondern die Häufigkeit dieser Momente. Es sind deshalb nicht die spektakulären Erlebnisse, die uns glücklich machen, sondern die vielen kleinen Glücksmomente. Glückliche Menschen verstehen es, diese Ereignisse im Alltag zu finden, wahrzunehmen und auch herbeizuschaffen. Ob es das Hören von Musik ist oder das Lächeln eines Kindes; in der Wahrnehmung vieler kleiner Glücksmomente verbirgt sich das Glücklichsein von Menschen.

„Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge."
Wilhelm Busch (1897-1966), Buchautor, Pfarrer

Wer also etwas zu seinem Glück beitragen will, muss aufmerksam leben und die beglückenden Momente im Alltag auch tatsächlich wahrnehmen.

6. Glückliche Menschen investieren Zeit und Energie in ihre Beziehungen

Glückliche Menschen pflegen die Beziehungen zu anderen Menschen, die ihnen wichtig sind. Sie glauben daran, dass auch sie selbst anderen Menschen wichtig sind, die sie schätzen und mögen. Der Königsweg zum Glück besteht laut Dipl.-Psych. Heiko Ernst darin, den Beziehungen zu anderen Menschen die oberste Priorität zu geben und in den Ausbau der Beziehungen zu Familie und Freunden zu investieren.

7. Glückliche Menschen vertrauen auf die Kraft der Liebe

„Die aufregendste Lehre Jesu besagt, dass es kein wahres Glück im Haben und
Nehmen gibt, sondern nur im Geben."
Henry Drummond (1851-1897), schottischer Schriftsteller

Wer davon überzeugt ist, dass er geliebt ist, bringt die beste Voraussetzung dafür mit, auch glücklich zu werden. Wer die Erfahrung, liebenswert zu sein, in sich trägt, ist im Grunde ein Glückspilz. Ein Kind erfährt das in der Regel, wenn es in die Augen seiner Mutter schaut. Wer sich als Mensch geliebt weiß, weiß auch um die Kraft, selbst lieben zu können. Aus Erfahrungen des Geliebtseins in der frühen Kindheit erwächst eine gesunde Selbstachtung, die im erwachsenen Leben auch dann erhalten bleibt, wenn die Liebe nicht erwidert wird.

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