18.05.2022

Worauf können wir uns verlassen? (Teil 1)

Orientierung in Zeiten der Unsicherheit (Teil 3)

In seiner Rede formulierte der Bürgerrechtler seine Sehnsucht nach einer gerechten Gesellschaft, in der niemand wegen seiner Hautfarbe benachteiligt wird. Und wenn es auch bis heute noch Menschen überall auf der Welt gibt, die unter Rassismus zu leiden haben, so müssen wir dennoch sagen, dass sich diese Worte des Bürgerrechtlers weitgehend erfüllt haben. Denn gemessen an der Situation von damals hat sich sehr vieles verändert. Dr. Martin Luther Kings Mühen und die seiner Mitstreiter haben sich also gelohnt. Der Traum ist Wirklichkeit geworden.  

In der aktuellen Ausgabe des Thema-des-Monats-Podcast von ERF Medien Südtirol berichtet Dr. Klaus Eickhoff von einem ähnlichen Traum, von dem er sagt, dass er ihn bereits seit Jahren mit sich herumträgt. Er träume, so sagt Eickhoff, davon, seinen Mitmenschen bedingungslos zu vertrauen. Das geht freilich nur, wenn wir einander die Wahrheit sagen – und das auch, wenn es unangenehm ist. Aber wäre es möglich, dass Politiker, Journalisten, Ärzte, Wissenschaftler und alle unsere Mitmenschen uns immer die Wahrheit sagen?

Das wäre sicher möglich, aber was wäre Wahrheit ohne Liebe? Deshalb dürfen wir Wahrheit und Liebe nie voneinander trennen. Wenn wir jemanden die Wahrheit ohne Liebe sagen, kann das mitunter genauso falsch sein, als wenn wir jemanden lieben, ohne es ehrlich zu meinen. Es wäre so schön, wenn auf dieser Welt Wahrheit und Liebe den Umgang miteinander bestimmen würden. Doch leider ist das sehr oft nur ein Traum. Werbung, Medien und Politik machen uns sehr oft große Versprechen, von denen wir meistens genau wissen, dass sie nicht eingehalten werden.

Vielfach haben wir uns an diese Realität sogar schon gewöhnt und empfinden sie gar nicht mehr so schlimm. Selbst die Psychologie geht bereits davon aus, dass Lügen oft „lebensnotwendig“ sind. Wie es heißt, erleichtern sogenannte „prosoziale Lügen“ anscheinend das Miteinander der Menschen. Aber ist das wirklich so? Wird der Schaden, der dadurch entsteht, bereits mit in Kauf genommen? Immerhin vergiftet die Lüge jede Beziehung, zerstört die Atmosphäre am Arbeitsplatz und untergräbt das Vertrauen zwischen Menschen. Ehrlichkeit hingegen schafft Vertrauen und bewährt sich mit der Zeit immer mehr. Das zeigt uns zumindest die Erfahrung.

In seinen Vorträgen spürt Dr. Klaus Eickhoff dem Wesen der Wahrheit nach. Wahrheit, so sagt er, kann auf keinen Fall Ansichtssache sein. Es kann sich dabei auch nicht um eine Idee handeln. Denn Wahrheit steht immer im Widerspruch zur Lüge. Sie ist also das Gegenteil von Lüge. Der Mensch kann sich Meinungen bilden, er kann Ideen entwickeln und Gedankensysteme entwerfen, aber er kann sich die Wahrheit nicht „machen“. Die Wahrheit ist nie relativ, sondern absolut und universal. Das heißt, sie ist unabhängig von Raum, Zeit und Geschichte. Wahrheit ist deshalb vergleichbar mit den Naturgesetzen. denn auch die Naturgesetze haben eine absolute Gültigkeit. Da spielt es auch keine Rolle, ob einer an sie glaubt oder nicht. Denn Wahrheit steht auch dann noch fest, wenn keiner an sie glaubt. Wahrheit muss für jeden gelten, unabhängig davon, was wir subjektiv darüber denken. So können wir also sagen: Die Wahrheit hängt nicht von uns ab, sondern wir hängen von der Wahrheit ab. Wenn wir die Wahrheit nicht erkennen und ergreifen, dann liegt das im Grunde daran, dass wir sie nicht ergreifen wollen.

Als Pontius Pilatus, der römische Statthalter, Jesus die Frage stellte: „Was ist Wahrheit?“, war das keine existentielle, sondern eine rhetorische Frage. Sein ganzes Verhalten und Handeln, von dem uns im Neuen Testament wie auch in den Geschichtsbüchern berichtet wird, macht deutlich, dass er die Antwort eigentlich gar nicht wissen wollte. Er stellte diese Frage nach der Wahrheit also nur, um der konkreten Wahrheit auszuweichen. Kennen wir das? Pilatus wusste, dass Jesus schuldlos war, dennoch ließ er es zu, dass Jesus gefoltert und gekreuzigt wurde. Wie würden wir entscheiden?

Näheres dazu hören Sie im Podcast. Es ist der dritte Teil unserer Reihe zum Thema „Orientierung in Zeiten der Unsicherheit“ mit Klaus Eickhoff.

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