01.07.2012

Wie sollen wir leben?

Wenn Jesus darüber spricht, wie Menschen leben sollen, redet er nicht von religiösen Riten oder Dogmen. Er spricht in erster Linie von der Beziehung zu Gott, zu den Mitmenschen und zu sich selbst. Dabei setzt Jesus voraus, dass ein Mensch sich selbst annehmen muss, um auch andere lieben zu können. Denn nur, wer um seinen eigenen Wert weiß und sich diesen deshalb nicht ständig beweisen muss, kann wahrhaft demütig sein. Wer seinen Wert kennt und sich selbst liebt, kann auch andere lieben, ohne selbst immer gleich zu fragen, wie viel Liebe er denn zurückbekommt. Doch worin ist der Wert des Menschen begründet? Wie kann sich ein Mensch sicher sein, dass er wertvoll ist?

Der wertvolle Mensch

Im 1. Buch Mose heißt es: "Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau." (1. Mose 1, 27) Wer nach den Grundlagen des christlichen Glaubens – wie auch der christlichen Ethik – sucht, kommt an diesem Vers nicht vorbei. Gott schuf den Menschen gewissermaßen als sein Spiegelbild. Zwar sollte der Mensch nicht selbst Gott sein, aber ein Gegenüber Gottes, ein Wesen, mit dem der allmächtige Gott selbst in Beziehung treten will. Wer sich also morgens im Spiegel anschaut und sich nicht leiden mag, sollte sich selbst sagen: Egal, wie viele Pickel, Falten oder graue Haare ich habe, ich bin nach dem Bilde Gottes geschaffen. Als Gegenüber, als Ansprechpartner, mit dem er reden und Zeit verbringen will. Dieses Gegenüber ist genau der Mensch, der mich im Spiegel anschaut. Der Mensch ist vom biblischen Verständnis her von Anfang an darauf angelegt, eine Beziehung zu Gott zu haben und seine Liebe zu erwidern. Diese Liebesfähigkeit des Menschen – die natürlich auch Auswirkungen auf die Nächsten- und Selbstliebe hat – ist durch den Sündenfall zwar gestört, grundsätzlich aber besteht die Möglichkeit, diese wieder herzustellen. Aus diesem Grund ist Christus in die Welt gekommen.

Gott gibt sich selbst für uns

Die Versuchung besteht nun darin, dass Menschen ihren Selbstwert von äußeren Dingen wie Aussehen, Wohlstand oder Status abhängig machen. Doch im Grunde sehnt sich jeder Mensch nach einem Leben, dessen Qualität nicht von seinem Einkommen oder gesellschaftlichem Status abhängt. Ein Leben, das Menschen als erfüllt und sinnvoll ansehen, hängt – neben Gesundheit und finanzieller Absicherung – von Faktoren ab wie Freundschaft, Liebe, Geborgenheit und Treue. Dass Gott sich selbst geopfert hat, zeigt, wie sehr er jeden einzelnen Menschen liebt. Diese Liebe ist von zentraler Bedeutung für die Selbstannahme. Weil Gott mit offenen Armen am Kreuz hängt und den Menschen in seiner Schuld und Zerrissenheit annimmt, kann sich der Mensch selbst annehmen.

In der Bibel nimmt die Frage nach dem, was ein erfülltes Leben ausmacht, einen sehr hohen Stellenwert ein.

Wenn ich an meinem Wert zweifle, finde ich in der aufopferungsvollen Liebe Jesu am Kreuz die Gewissheit, dass ich wertvoll und angenommen bin: "Er hat ja nicht einmal seinen eigenen Sohn verschont, sondern hat ihn für uns alle hergegeben. Wird uns dann zusammen mit seinem Sohn nicht auch alles andere geschenkt werden?"  (Röm. 8, 32) Weil Gott mich so bedingungslos liebt, darf ich mich auch bedingungslos lieben und in der Beziehung zu Gott, dem Vater, heil werden. Der Theologe Prof. Dr. Hans Joachim Eckstein beschreibt das so: "Als ich mich mit Dir versöhnen ließ, wurde ich auch zunehmend mit mir selbst und meinem Leben versöhnt." Erst dadurch, dass Gott den Menschen annimmt, bekommt der Mensch die Möglichkeit, seinen Nächsten wie sich selbst anzunehmen. Mit dem Glauben an Jesus bricht eine neue Realität an, die sich auf das ganze Leben eines Menschen auswirkt.

Hindernisse, die sich in den Weg stellen können

Jeder von uns merkt es tagtäglich; wir leben in einer gefallenen Welt, in der auch die Liebe, die Gott für uns hat, sich immer nur bruchstückhaft in unseren Beziehungen widerspiegelt. Das macht es uns oft schwer, die bedingungslose Liebe Gottes zu erkennen und persönlich in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt für unsere Selbstannahme. Wer schlechte Erfahrungen mit den eigenen Eltern gemacht hat, für den ist es nicht mehr so einfach, sich Gott als einen liebenden Vater vorzustellen. Wer durch den eigenen Vater Gewalt oder gar Missbrauch erfahren hat, dem wird es umso schwerer fallen, Gott als liebevollen Vater zu sehen. All das können Hindernisse sein, durch die uns der Weg zu Gott zunächst verstellt wird. Solche Erfahrungen – zumal wenn sie in der Kindheit geschehen – lassen sich auch nicht einfach ablegen. Da ist professionelle Begleitung und Hilfe durch einen erfahrenen Therapeuten oder Seelsorger vielfach der einzige Ausweg. Aber auch ein durch subtilere Formen der Ablehnung entstandenes negatives Selbstkonzept lässt sich nicht von heute auf morgen ändern. Wer z. B. als Kind immer wieder zu hören bekam: "Das kannst du nicht. Dazu bist du zu ungeschickt", der muss diese Erfahrungen oft erst Schritt für Schritt überwinden und im Prinzip neu lernen, sich selbst etwas zuzutrauen und sich in einem neuen Licht zu sehen. Oft geht auch das nur mit professioneller Hilfe. Gottes Liebe zeigt sich uns insbesondere dadurch, dass sein Sohn Jesus Christus Mensch wurde. Dadurch wurde Gottes Liebe so konkret, wie sie konkreter gar nicht werden konnte. Am Leben Jesu hier auf Erden können wir das Wesen Gottes erkennen – seine Liebe, aber auch die Wahrheit seines Wortes. Am deutlichsten aber erkennen wir Gottes Liebe am Leiden und Sterben Jesu. Er nahm das alles auf sich, um uns zu erlösen. Deshalb ist jeder glücklich zu schätzen, der dieses einmalige Angebot Jesu annimmt, damit es für sein Leben wirksam werden kann. Ein weiterer Ort, wo die Liebe Gottes konkret und greifbar wird, ist die Gemeinschaft der Christen, die Kirche. Nicht zu Unrecht wird im Neuen Testament der Bibel die Gemeinschaft der Christen als "Leib Christi" bezeichnet. Denn in der Gemeinschaft der Christen können Menschen die Liebe Gottes erfahren. In der Gemeischaft von Christen ist es möglich, zu lernen, wie eine geheilte – oder zumindest heilende – Beziehung zu Gott im Alltag aussehen kann. Jesus selbst hat diese tagtägliche Beziehung zu Gott, dem Vater, nicht nur für uns alle möglich gemacht, er hat sie uns auch vorgelebt. Diese innige Beziehung zu Gott, dem Vater, wie auch zu Jesus, seinem Sohn, kann jeder von uns erfahren. Es ist das Tröstlichste, was ein Mensch erleben kann. Wir können mit Gott reden als mit einem guten Vater. Sprechen Sie mit ihm über ihre täglichen Sorgen! Auch an Jesus Christus können Sie sich wenden wie an einen Freund. Aber belassen Sie es nicht dabei, sondern bitten Sie Gott, dass er Ihnen zeigt, wer er wirklich ist, wie viel Retterliebe er für Sie bereithält. Sagen Sie Gott, dass Sie von heute an mit ihm leben möchten – und Sie werden Erfahrungen machen in Ihrem Leben, die alles, was Sie bis heute kannten, weit übersteigen. Diese Erfahrungen wünschen wir Ihnen!

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