01.07.2008

Wie frei können wir sein?

Wenn wir über die Freiheit des Menschen nachdenken, müssen wir uns bewusst sein, dass Freiheit immer an Ordnungen gebunden ist. Es gibt keine Freiheit ohne Ordnung. Wer das übersieht, wird seine Freiheit nicht lange haben. Augustinus (354 - 430 n. Chr.), der Philosoph der christlichen Spät­antike, behauptete sogar, dass Freiheit überhaupt erst durch Unfreiheit erfahren werden kann. Ein Beispiel dafür ist die Ehe. Wenn zwei Menschen sich in einer Ehe nach den Regeln des Rechts aneinander binden, erlangen sie dadurch die Freiheit von vielen anderen Zwängen. Wie im Falle der Ehe ist Freiheit aber immer an eine Grenze, d. h. an Ordnung gebunden, die uns Freiheit überhaupt erst ermöglicht.

Wir wissen, dass das Christentum die Antwort auf die wesentlichen Fragen des Lebens hat. Deshalb verwundert es nicht, dass Freiheit eines der Hauptthemen Jesu ist. An einer Stelle der Bibel sagte Jesus z. B.: „Ich sage es euch, wie es ist: Wer Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde. Der Knecht bleibt nicht lange im Haus; der Sohn des Eigentümers aber ist der Erbe und bleibt. Wenn nun der Sohn euch von eurem Abhängigkeitsverhältnis frei macht, so seid ihr wirklich frei.'' (Joh. 8, 34-36)

Was also ist Freiheit, wie Jesus sie versteht?

Freiheit im Sinne Jesu ist in erster Linie Freiheit von der Gottesferne, das heißt: Ich bin frei, Gott zu vertrauen. Es bedeutet auch Freiheit von Schuld, Bitterkeit, Hoffnungslosigkeit. Das wiederum heißt, frei zu sein, um Gutes zu tun, frei zu sein, um vertrauen zu können, sich nicht ständig sorgen zu müssen; frei zu sein, um wirklich lieben zu können.

Wie komme ich zu dieser Freiheit?

Die Freiheit, die Jesus uns verspricht, ist zunächst mal nicht ohne den Schöpfer, ohne Gott, zu haben. Wer nicht in einer lebendigen Beziehung zu Gott lebt, kommt nicht in den Genuss dieser Freiheit. Vielmehr steht er unweigerlich in einem Machtbereich, den Jesus als 'Knechtschaft' bezeichnet. Diese Abhängigkeit ist nach den Worten Jesu überall da, wo Gott nicht ist.

"Wirkliche Freiheit ist immer nur begrenzte Freiheit, weil sie an Ordnungen gebunden ist, die uns die Freiheit erhalten."

Zu glauben, es gäbe den unabhängigen Menschen, ist eine Illusion. Leben findet immer in Machtbereichen statt. Insofern ist auch Freiheit und Frei-Werden immer eine Frage von Macht. Das wissen vor allem die, die mit Drogen- oder Alkoholabhängigen zu tun haben. Es wäre aber ein fataler Irrtum, zu glauben, dass sich diese Machtfrage nur für suchtabhängige Menschen stellt. Nein, diese Frage betrifft uns alle.

Wir alle leben in einem Machtbereich, aus dem wir nur durch die Macht Gottes befreit werden können!

Das können wir zwar leugnen, doch spätestens am Tag unseres Todes werden wir wissen, dass es tatsächlich so ist. Dann werden wir auch erfahren, dass Jesu Worte wahr sind – und dass er sein Angebot der Errettung aus lauter Liebe zu uns gemacht hat.

In welchem Sinn muss Gott uns frei machen? Frei wovon?

Wir haben schon davon gesprochen, dass wir alle in einem Machtbereich leben. Entweder im Machtbereich Gottes oder im Machtbereich des „Herrschers dieser Welt", wie Jesus immer wieder gesagt hat. Wer im Machtbereich des Herrschers dieser Welt lebt, d. h. wer ohne Gott lebt, der handelt auch dementsprechend. Dazu heißt es z. B. im Brief des Paulus an die Galater, Kap. 5, Verse 19-21: „Gebt ihr dagegen euren selbstsüchtigen Wünschen nach, ist offensichtlich, wohin das führt: zu sexueller Zügellosigkeit, einem sittenlosen und ausschweifenden Leben, zur Götzenanbetung und zu abergläubischem Vertrauen auf übersinnliche Kräfte. Feindseligkeit, Streitsucht, Eifersucht, Wutausbrüche, Intrigen, Uneinigkeit und Spaltungen bestimmen dann das Leben ebenso wie Neid, Trunksucht, üppige Gelage und vieles andere. Ich habe es schon oft gesagt und warne euch hier noch einmal:
Wer so lebt, wird niemals in Gottes neue Welt kommen.'' Die Warnung, die die Bibel hier ausspricht, ist klar und deutlich. So deutlich, dass wir eigentlich erschrecken müssten, wenn wir in unsere Welt hineinschauen. Denn genau diese Art von Leben im Machtbereich der Zerstörung finden wir heute überall.

Wie weit geht die Freiheit, die Gott schafft?

Nun stellt sich aber die Frage, wie weit die Freiheit geht, die Gott den Menschen schenkt, die sich zu ihm wenden und in seinen Machtbereich kommen. Ist diese Freiheit z. B. auch eine Freiheit zur „freien Liebe"? Ist es eine Freiheit zur Gemeinheit, zur Lüge, zu Disziplinlosigkeit, Rechthaberei und Rücksichtslosigkeit? Die Antwort darauf kann nur ein ganz eindeutiges Nein sein. Die Freiheit, die Jesus meint, ist immer eine Freiheit, die das Leben achtet und Gott ehrt. Das Angebot der Liebe Gottes und seiner Freiheit an uns Menschen ist verbunden mit dem „Geschenk eines neuen Lebens in der Wahrheit". Das wiederum heißt, dass diese Freiheit die Entfaltung des Menschen fördert, doch innerhalb der Grenzen, die für den Menschen gut sind. „Ich bin der Anfang, und ich bin das Ziel, das A und O", sagte Jesus Christus nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt im Buch der Offenbarung. „Allen Durstigen werde ich Wasser aus der Quelle des Lebens schenken. Wer durchhält und den Sieg erringt, wird dies alles besitzen. Ich werde sein Gott sein, und er wird mein Kind sein."  (Off. 21, 6-7) Dann jedoch fährt Jesus Christus  fort und warnt noch einmal, indem er sagt: „Furchtbar aber wird es denen ergehen, die mich feige verleugnen und mir den Rücken gekehrt haben, den Mördern und denen, die sexuell zügellos leben, allen, die Zauberei treiben und anderen Göttern nachlaufen, den Lügnern und Betrügern. Sie alle werden in den See aus brennendem Schwefel geworfen. Das ist der zweite, der ewige Tod." (Off. 21, 8) Die Hölle ist also nicht, wie viele glauben, eine Erfindung des finsteren Mittelalters, sondern steht so in der Bibel. Wie immer wir uns dazu stellen; die Aussagen der Bibel werden sich dadurch nicht verändern. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns damit auseinandersetzen, denn die Bibel lässt keine Zweifel an der Notwendigkeit einer ernsthaften Entscheidung für oder gegen Gott, und das heißt letztlich für oder gegen das Leben. Denn es geht hier tatsächlich um Leben oder Tod! Das geht ganz eindeutig aus dem Text der Bibel hervor.

Wozu aber müssen wir frei werden?

Wir müssen frei werden, um das tun zu können in unserem Leben, was wir uns selbst von Herzen wünschen. Warum aber wünschen wir es uns? Weil daran nicht nur die Achtung vor uns selbst geknüpft ist, sondern auch unser Wohlbefinden, ja sogar unser körperliches „Gesund-Werden". Denn wer von uns kann auf die Dauer gesund bleiben ohne Ruhe, Geduld, Friede und Liebe?

"Die Befreiung von der Sünde bedeutet Freiheit. Sünde hingegen ist immer eine Form von Knechtschaft, auch wenn sie sich zuerst als das Gegenteil ausgibt"

Genau das bringt die Freiheit mit sich, die Jesus uns verspricht, wenn wir unser Leben mit Gott und unter dem Einfluss des Heiligen Geistes leben. Es ist dann ein Leben mit Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Besonnenheit, Selbstbeherrschung. (Gal. 5, 22-23) Allerdings ist da auch noch die andere Seite zu bedenken. Das jüdische Volk war sich dessen stets bewusst. Es sind die Ordnungen Gottes. Schon Philo von Alexandrien sagte: „Die mit dem Gesetz leben, sind Freie" und: „Niemand ist frei, als wer sich mit dem Studium der Tora
(Bibel, Altes Testament) befasst."
Dagegen wird die Sünde in der Bibel als Sklaverei und der Sünder als Sklave dargestellt. Die Befreiung von der Sünde bedeutet deshalb Freiheit. Die mit der Vokabel des Sklavenloskaufs beschriebene Befreiung des Menschen aus dem Einflussbereich der Sünde und des Teufels bedeutet, dass ein Christ durch den Tod Jesu Christi am Kreuz von den finsteren Mächten losgekauft worden ist. Wie nun ein Käufer einen Besitzanspruch hat auf das, was er gekauft hat, so hat auch Jesus Christus Anspruch auf das Leben des Christen.

"Im Leben eines Christen, der von der Sünde frei geworden ist, schafft Gottes Wort die Ordnung, die ihm hilft, die neu gewonnene Freiheit zu erhalten."

Christus hat die Menschen, die sich zu ihm bekennen, von der Pflicht, selbst zu bezahlen, befreit. Das Charakteristikum des Sklavendaseins besteht darin, dass sein ganzes Leben, seine Entscheidungs- und Verantwortungsfähigkeit im Dienste eines anderen stehen. Der Mensch kann sich entscheiden zwischen einer dem Willen Gottes zustimmenden Freiheit und einer revoltierenden Freiheit, zwischen einer Freiheit des Verzichts, die ihm hilft, das zu erkennen und zu lassen, was ihn zerstört, und einer tragischen Freiheit, die letztlich der Macht des Bösen dient. Demnach gibt es für den Menschen nur zwei Alternativen. Er kann sich entweder dem Teufel unterwerfen oder Christus anvertrauen. Die Befreiung des Menschen, wie Jesus sie uns anbietet, besteht also darin, dass wir die Unterwerfung unter den „Fürst dieser Welt" tauschen gegen die liebevolle Führung durch Jesus Christus. „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit" – so lesen wir in der Bibel.
(2. Kor. 3, 17)

"Der Mensch kann sich entscheiden zwischen einer Freiheit des Verzichts, die ihm hilft, das zu sehen und zu erkennen, was ihn zerstört, und einer tragischen Freiheit, die letztlich wiederum nur der Macht des Bösen dient."

Durch diese christliche Freiheit fängt ein Mensch an, wirklich zu leben, indem er bereit und fähig wird, Gutes zu tun. Das haben im Lauf der Geschichte unzählige Menschen, die das Christsein ernst genommen haben, bewiesen.

Was gefährdet die Freiheit?

Gefährdet wird diese Freiheit des Christen, wenn er sich in neue, selbst geschaffene Abhängigkeit begibt, indem er z. B. gesetzlich wird oder die Freiheit beginnt absolut zu setzen und sie losgelöst von den Ordnungen Gottes versteht. Dann geschieht genau das, wovon eingangs die Rede war: Der Mensch verlässt die Ordnung, die seine Freiheit überhaupt erst ermöglicht. Weil ein Christ aber weiß, dass Gott, der ihm diese Freiheit geschenkt hat, immer nur das Beste für ihn will, ist er bereit, sich der Führung Gottes zu unterstellen. Das bedeutet nicht, dass ein Christ nicht selbst entscheiden und handeln sollte. Ganz im Gegenteil. Es heißt nur, dass die Entscheidungen, die er tagtäglich trifft, nicht gegen die Ordnungen und den Willen Gottes gerichtet sein dürfen, wie sie uns in der Bibel überliefert sind.

Das könnte Sie auch interessieren