01.10.2010

Werte haben Zukunft

Bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein war das gesellschaftliche Leben in den europäischen Ländern von einem christlichen Werteverständnis bestimmt. So konnte z. B. Konrad Adenauer, der deutsche Bundeskanzler der Nachkriegsjahre seinen Minister, als dieser sich scheiden ließ, vor die Alternative stellen: „Entweder Sie heiraten Ihre Frau wieder oder ich entlasse Sie als Minister". Schmückle, so hieß der Minister, heiratete seine Frau daraufhin wieder und blieb Minister. Heute wäre so etwas undenkbar. Die Gesellschaft geht davon aus, dass es unveränderliche Werte gar nicht gibt. Aber ist es tatsächlich so? Um diese Frage zu beantworten, ist es am besten, wenn wir uns vorstellen, wie es wäre, wenn es keine Werte mehr gäbe. Theoretisch ist alles relativ und sind auch Werte nur solange gültig, wie es Menschen gibt, die sie anerkennen und nach ihnen leben. Doch in der Praxis funktioniert ein Miteinander von Menschen nur, wenn es auf Werte gegründet ist.

Gibt es auch heute noch Werte, die unverzichtbar sind?

Das Denken unserer Zeit ist geprägt von drei wichtigen Strömungen, dem Säkularismus, dem Pluralismus und dem Individualismus. Während der Säkularismus die Wertefrage vom christlichen Glauben losgelöst hat, relativiert der Pluralismus die Wahrheitsfrage und lässt alles gleichberechtigt nebeneinander stehen. Der Individualismus wiederum überlässt es dem Einzelnen, welche Werte er für sich als verbindlich erachten möchte und welche nicht. Doch gibt es nicht auch Werte, die für das menschliche Zusammenleben bis heute unverzichtbar sind? Diese Frage wird inzwischen immer häufiger gestellt. Denn dass es Werte braucht, darin sind sich Politiker und Wissenschaftler eigentlich einig, die Frage ist nur, welche Werte für unsere Gesellschaft maßgeblich sein sollten Rücksichtnahme auf die Schwächeren? Oder die Würde des Menschen? Grundwerte und Normen, wie wir sie in den zehn Geboten finden, sind universell, sie ordnen das Verhalten des Menschen gegenüber Gott und den Mitmenschen. Warum aber messen wir ihnen dann eine immer geringere Bedeutung zu? Wenn sie doch unverrückbare, unverzichtbare Lebenshilfen sind, ohne die ein zivilisiertes Zusammenleben unter Menschen gar nicht möglich ist, warum werden sie uns dennoch immer unwichtiger? Die Antwort darauf ist einfach: Wir zehren davon, was in den letzten Jahrhunderten entstanden ist, als die zehn Gebote noch vielen Menschen bekannt waren und von ihnen respektiert wurden. Bei den zehn Geboten handelt es sich nämlich nicht nur um wertvolle Lebenshilfen für Christen; diese Gebote haben universelle Bedeutung. Sie geben dem Menschen nicht nur Orientierung und Schutz, ja sie ermöglichen im Grunde erst das Leben, wie wir es kennen. Eine Missachtung der zehn Gebote hat immer negative Folgen für das Zusammenleben der Menschen zur Folge. Das gilt für die Treue in der Ehe, für das Töten ungeborener Kinder und genauso für das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, aber auch für das Verhältnis der Bürger zum Staat, zur Landesregierung oder auch zur Dorfgemeinschaft. Das Befolgen der zehn Gebote hingegen fördert auf allen Ebenen das Leben und die Entwicklung eines Menschen. Werte wie die Würde und Freiheit des Menschen, Gleichberechtigung, Rücksichtnahme, Fairness, soziales Verhalten, Hilfsbereitschaft, Solidarität, Mitmenschlichkeit, Sorge für das Gemeinwohl, Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft, Kompromissfähigkeit, Friedensbereitschaft, Vorurteilsfreiheit, Wahrhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Zivilcourage, Selbstdisziplin, Verantwortlichkeit, Offenheit für Sinnfragen, u.a.m.; alle diese Werte sind wichtig für das Leben. Sehen wir uns die zehn Gebote an, stellen wir fest, dass alle diese Werte darin enthalten sind. Da wird die Stellung des Menschen vor Gott angesprochen und ebenso die Würde der Menschen, ihre Gleichheit vor Gott, die in der Bindung an Gott für den Menschen zur Freiheit wird.

Werteinstellungen

Als Menschen handeln wir nach unseren Einstellungen. Wer als Gastwirt z. B. denkt, dass ein Gast nur dazu da ist, um ausgenutzt zu werden, wird auch danach handeln. Denn unsere Einstellung bestimmt nun einmal unser Denken und Handeln.
„Der wahre Konkurrenzkampf der Zukunft", so schreibt Dr. Siegfried Buchholz, der ehemalige Generaldirektor des Großkonzerns BASF in Österreich, „wird sich nicht um wichtige Kunden, sondern um außergewöhnliche Menschen abspielen!" „Diese Menschen", so schreibt Buchholz, „zeichnen sich dann wohl durch drei Besonderheiten aus: Kompetenz, Energie und Integrität. Kompetenz lässt sich erwerben. Energie ist eine Frage der Veranlagung, gesunden Lebensführung und einer positiven Lebenseinstellung. Integrität aber setzt voraus, dass wir Wertmaßstäbe haben und nach diesen auch selbst leben." „Deshalb werden Christen," so schreibt Buchholz, „im Konkurrenzkampf der Zukunft die besseren Chancen haben. Denn indem sie sich freiwillig an eine höchste Autorität binden, gewinnen sie Autorität." In einer Gesellschaft können Werte zwar gesetzlich verankert sein und lehrmäßig vermittelt werden, doch das allein genügt nicht. Durch eine gesetzliche Verankerung wird ein Wert zwar zur allgemein gültigen Norm, und eine lehrmäßige Vermittlung in den Schulen kann helfen, mehr von der Bedeutung eines Wertes zu verstehen. Doch das alles führt nur sehr selten dazu, dass ein Mensch auch danach lebt und handelt. Denn das geschieht erst durch die Verinnerlichung der Werte und die entsteht nicht dadurch, dass sie in der Schule intellektuell vermittelt wird. Deshalb ist es auch so wichtig zu wissen, dass Werte meist sehr früh und zwar im Elternhaus entstehen, vor allem dort, wo Eltern sie vorleben. Es kommt also nicht so sehr darauf an, wie in einem Elternhaus über Werte geredet wird, als vielmehr darauf, wie diese Werte vorgelebt werden. Erst dann können sie auch intellektuell eingeordnet, vertreten und im besten Fall verinnerlicht werden. Was aber im Elternhaus versäumt wurde, kann später nur sehr schwer wieder gut gemacht werden. Wo in einer Familie hingegen Vertrauen herrscht und Werte gelebt werden, können sie auch relativ leicht weitervermittelt werden. Wenn eine Familie dazu noch eine lebendige Beziehung zu Gott pflegt, und das Familienleben von einer vom Druck freien Atmosphäre geprägt ist, sind die besten Voraussetzungen dafür gegeben, dass Werte auch verinnerlicht werden.

Die Realität sieht jedoch heute sehr oft anders aus

„Die Mädchen und Jungen von heute wachsen mit Popsängern auf, die einerseits den Mainstream verkörpern und andererseits aussehen wie Pornostars," schreibt Stephanie zu Guttenberg in ihrem gerade erst veröffentlichten Buch „Schaut nicht weg!" „Als Mutter von zwei Töchtern", so sagt die Autorin, „frage ich mich immer wieder, wie es sein kann, dass offensichtlich Frauen-verachtende Popsänger heute sogar mit Preisen geehrt werden?" Von einem Interesse an Werten ist hier jedenfalls wenig zu spüren. Vielmehr werden Werte in den Dreck gezogen und nicht selten lächerlich gemacht. Durch den „Zuzug neuer bildungsferner Populationen", wie es in der aktuellen Diskussion rund um die Fehler in der deutschen Integrationspolitik heißt, wird das Problem von Jahr zu Jahr nur noch vergrößert. Im Gespräch mit Peter Hahne meinte erst kürzlich die in Istanbul geborene Soziologin Necla Kelek im ZDF, dass es uns doch darum gehen müsste, ausländischen Kindern Werte wie Meinungsfreiheit und Selbstverantwortung als etwas Wertvolles zu vermitteln. Und sie fügte hinzu: „Wenn wir hingegen sagen, wir haben unsere Werte, ihr habt eure Werte, relativieren wir unsere christlichen Werte und werden sie am Ende nur umso rascher aufgeben." Die Realität ist jedoch auch hier eine völlig andere. So schreibt Marie Wildermann in ihrem Artikel für die „Welt", dass der Islam in Deutschland gerade erst beginnt, richtig hoffähig zu werden. „In Berlin sind es in diesem Schuljahr 2010/2011 bereits über 30 Grundschulen, die islamischen Bekenntnis(!)-Unterricht anbieten und das mit staatlicher Unterstützung." Wie Wildermann meint, geschehe das, „weil Bildungspolitiker die naive Hoffnung hegen, die junge, neue Generation werde künftig einen liberalen Islam leben." Und sie fügt hinzu: „Was für ein fataler Irrtum!" Wie immer wir dazu stehen, sicher ist, dass alle unverzichtbaren Werte von universaler Bedeutung sein müssen, so wie es die christlichen Werte der zehn Gebote sind. Wer solche Werte hat, sollte sie nicht leichtfertig aufgeben. Eine Gesellschaft, die diese Werte zur Grundlage hat, sollte sie weder relativieren noch in Frage stellen lassen. Die in den zehn Geboten verteidigten Werte sind nicht nur universell und ein sicheres Fundament für unser Leben, sondern geben uns auch Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Dadurch führt der christliche Glaube den Menschen in einen Einklang mit sich selbst, der Welt, der Geschichte und mit Gott. Im christlichen Glauben wird mir als Mensch bewusst, dass Gott mich als sein Ebenbild erschaffen hat. Das allein beinhaltet schon eine unglaubliche Würde und Verantwortung. Denn wem diese Tatsache erst einmal bewusst geworden ist, der erkennt, dass darin auch die Freiheit liegt, die uns von Gott geschenkt worden ist. Das Leben eines Menschen, der den christlichen Glauben Ernst nimmt, hat aber nicht nur eine Bedeutung, einen Sinn und ein Ziel, es hat auch einen Zweck und das selbst dann noch, wenn dieser Mensch krank und schwach ist. Ein solcher Mensch weiß, woher er kommt und wohin er geht. Vor allem aber kennt er den Sinn seines Daseins. Im Glauben an den Gott der Bibel wird einem Menschen das alles geschenkt, sozusagen „in die Wiege gelegt" in dem Moment, wo er Ernst macht mit seinem Glauben und beginnt, sich Gott anzuvertrauen. Was folgt, ist meist ein tiefes Gefühl der Geborgenheit und ein Einklang mit sich selbst. Dann tritt meist eine tiefe Erfüllung ein, die oft ein ganzes Leben lang anhält. Augustinus, der große Philosoph des 4. Jahrhunderts n. Chr. brachte es einmal auf unnachahmliche Art und Weise zum Ausdruck, als er sagte: „Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in dir, o Gott!" Die eigentliche Bestimmung des Menschen ist es also, Gott zu erkennen, ihn zu lieben und ewig bei ihm zu sein. Das mag für so manchen Menschen unserer Zeit, der sich weit von Gott entfernt hat, ungewohnt und verwunderlich klingen. Doch spätestens am Ende seines Lebens, im Angesicht des Todes wird diese Frage nach dem Sinn des Lebens jedem Menschen in irgendeiner Weise bewusst werden. Wir können uns den Lebenssinn nicht selbst geben, aber wir können ihn als Geschenk von Gott erhalten, wenn wir an ihn glauben. Wenn das im Leben eines Menschen geschieht, entsteht daraus eine neue Qualität des Lebens. Danach geht es darum, aus dieser Quelle ein Leben lang Kraft und Sinn zu schöpfen und dies auch an andere weiterzugeben. Denn indem ich es anderen weitergebe, ihnen helfe, Gutes tue und mein Leben als Mensch lebe, der seinen Sinn gefunden hat, werde ich selbst reich und zufrieden. Das klingt wie ein Widerspruch. Doch wer dieses Leben kennengelernt hat, weiß, dass es die Wahrheit ist.

Das könnte Sie auch interessieren