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27.10.2025

Tröstet, tröstet mein Volk

Der Prophet Jesaja (er wirkte zwischen 740 und 701 v. Chr.) richtete diese eindringlichen Worte an das jüdische Volk zu einem Zeitpunkt, als Israel an einem entscheidenden Wendepunkt stand. Dieser Aufruf ist aber nicht nur an das Volk Israel gerichtet, sondern gilt allen, die sich zu Jesus Christus bekennen. Kein anderer Prophet des Alten Testaments beschreibt so klar Geburt, Tod, Auferstehung und Wiederkunft des Messias. Deshalb gilt Jesaja auch nicht nur als einer der wichtigsten Propheten Israels, sondern ist auch ein Schlüssel zum Verständnis der Heiligen Schrift. 

Wer ist gemeint, wenn Gott von „meinem Volk“ spricht? Sein Volk ist immer Israel. Das gilt nicht nur symbolisch oder allegorisch, sondern ganz konkret. „Nachamu, Nachamu Ami“, wie es auf hebräisch heißt, ist nicht nur ein doppelter Appell, sondern versteht sich als göttlicher Befehl, der sich an uns alle richtet. Es ist unsere kollektive Verantwortung, das Volk der Juden zu trösten, das so viel in seiner tausendjährigen Geschichte mitgemacht hat.

Israel ist Gottes Volk – und das bis heute

Gott liebt sein Volk. Daran hat sich über die Jahrhunderte hinweg nichts geändert, denn er liebt es gemäß seinem Versprechen. Das dürfen wir nie vergessen. Er hat dieses Volk erwählt und steht zu Israel bis auf den heutigen Tag. Wenn Gott die Israeliten als "mein Volk" bezeichnet, bezieht sich das nicht nur auf die Zeit der Propheten, sondern genauso auf das jüdische Volk im Land Israel von heute, einschließlich seiner Regierung und der Jüdinnen und Juden, die noch in der Diaspora leben. Das geht aus der Bibel klar hervor, wo Gott in einer zeitübergreifenden Weise von „meinem Volk“ spricht (vgl. Jeremia 31,35-37).

Davon spricht auch Paulus, der in seinem Brief an die Gemeinde in Rom schreibt: „Hat Gott sein Volk etwa verstoßen? Auf keinen Fall! (…) Nein, Gott hat sein Volk nicht verstoßen; schließlich hat er schon vor aller Zeit die Entscheidung getroffen, dass es ihm gehören soll“ (vgl. Römer 11,1-2). Gottes Bündnis mit Israel und dem Volk der Juden wurde weder durch das Aufkommen der katholischen Kirche noch durch sonst jemanden aufgehoben, wie das lange Zeit gepredigt und dann auch geglaubt wurde. Die Bibel spricht vielmehr davon, dass „ganz Israel gerettet wird“ und zum Glauben an Jesus Christus kommt (vgl. Römer 11,26). Alle diese Zusagen beziehen sich eindeutig auf das reale Israel unserer Tage und nicht auf eine symbolische oder geistliche Ersatzgemeinschaft. Wer sich also gegen das Volk Israel stellt und es heute verspottet und anklagt oder verfolgt, und sei es auch nur, weil er glaubt, im Recht zu sein, der greift Gott selbst an, der zu seinem Volk der Juden steht – und das bis auf den heutigen Tag.

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Warum braucht Israel Trost?

Die Geschichte des jüdischen Volkes ist durchdrungen von Verfolgung, Zerstreuung und unendlichem Leid. Von der Sklaverei in Ägypten angefangen über Babylon und Rom bis hin zu den Gaskammern von Auschwitz. Gott kennt die Stationen dieses Volkes und ihres Leides und sagt: „Ich hole euch heraus aus den Völkern, ich sammle euch aus allen Ländern und bringe euch wieder in euer Land zurück.“ (Hesekiel 36,24). Diese Verheißung ist nach dem Holocaust in Erfüllung gegangen. Dennoch ist der Schmerz und die Bedrohung des jüdischen Volkes dadurch nicht verschwunden. Im Gegenteil; diese Bedrohung ist heute sogar größer geworden. Das liegt auch daran, dass der Hass gegen das jüdische Volk zugenommen hat. Israel war seit seiner Staatsgründung im Jahr 1948 bis heute immer wieder Angriffen ausgesetzt: 1948 (Unabhängigkeitskrieg), 1956 (Suezkrise), 1967 (Sechstagekrieg), 1973 (Jom-Kippur-Krieg). Ganz zu Schweigen von den unzähligen Terrorakten bis zu den Ereignissen vom 7. Oktober 2023, als über 1.200 Menschen auf bestialische Weise ermordet und mehr als 200 verschleppt wurden. 

Trost beginnt bei der Wahrheit

Den Hass gegen das jüdische Volk gibt es inzwischen bereits seit mehr als zwei Jahrtausenden bis in unsere Zeit. Deshalb kann der eigentliche Trost für Israel auch nie ein von Menschen erreichter Friede sein. Trost liegt allein in der Verheißung der Wiederkunft des Messias. Bis dahin wird die ganze Welt, aber auch Israel noch durch eine schwere Zeit gehen, die in der Bibel als "die große Trübsal" bezeichnet wird. In dieser Zeit wird ein Strafgericht über die Nationen ergehen und auch über das Volk der Israeliten, die dadurch als ganzes Volk zur Umkehr kommen und Jesus Christus als ihren Messias erkennen. 

Die Bibel sagt: "Wenn alle nur noch von Frieden und Sicherheit reden, dann wird die Katastrophe sie plötzlich und unerwartet überrollen wie die Wehen, die bei einer schwangeren Frau plötzlich einsetzen" (vgl. 1.Thessalonicher 5,3). Doch Gott ist treu und wird sein Volk durch diese Zeit hindurch retten. Es ist gut, wenn wir diese Vorhersagen der Bibel kennen. Denn Gott sagte seinem Volk schon im Alten Testament: „Selbst wenn eine Mutter ihr Kind vergisst – ich vergesse dich nicht!“ (Jesaja 49,15), und: „Jerusalem, ich habe dich unauslöschlich in meine Hände eingezeichnet; deine Mauern sind mir stets vor Augen“ (Jesaja 49,16). Diese und viele weitere Stellen der Bibel sind heute aktueller denn je. Wenn Christen sie oft auch für sich in Anspruch nehmen, so gelten sie doch in erster Linie Israel und dem jüdischen Volk.  

Gottes Liebe zu Israel

Die Bibel spricht davon, dass Jesus nach seiner Wiederkunft auf die Erde alle Nationen dieser Welt richten wird (vgl. Matthäus 25,31-46). An dieser Stelle der Bibel finden wir den Satz: "Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan" (Matthäus 25,40). Viele legen das so aus, dass hier die Armen der Welt gemeint sind, denen wir unsere Hilfe verweigert haben. Doch Jesus spricht hier von seinen Brüdern, den verfolgten und notleidenden Christen und dem bedrängten Volk der Juden (vgl. Matthäus 10,40-42 und Joel 4).

Es ist in jedem Fall ein Widerspruch in sich, wenn Christen gegen Israel und das Volk der Juden sind, das Gott sich erwählt und mit dem er einen ewigen Bund eingegangen ist. Gott befähigt uns durch seinen Geist, das zu lieben, was er liebt, einschließlich Israel und das jüdische Volk. Christen können nicht den Geist Gottes in sich tragen und gleichzeitig gegen Israel sein. 

Israel wird gerettet und Jesus Christus als seinen Messias erkennen

Wer sich in diesen Tagen für Israel und das Volk der Juden einsetzt und sich kompromisslos auf seine Seite stellt, ist in unserer Gesellschaft nicht willkommen. Doch er liegt richtig. Wir sind auch aufgefordert, für Israel zu beten. Wer die Bibel kennt, weiß, dass Jesus Christus wiederkommen wird. Er wird mit seinen Füßen auf dem Ölberg in Israel stehen – und spätestens dann wird das jüdische Volk ihn auch als seinen Messias erkennen. Bis dahin aber gilt der Aufruf des Propheten Jesaja: "Tröstet, tröstet mein Volk!"

Das sind wir Israel schon alleine deshalb schuldig, weil Gott uns alles, was wir an geistlichem Reichtum besitzen, durch das Volk der Juden schenkte (vgl. Johannes 4,22). 

Juden und Christen

Doch was haben Christen im Laufe ihrer Geschichte getan? Anstatt dem jüdischen Volk zu danken, hat die Christenheit über Jahrhunderte hinweg durch Antisemitismus und Gewalt Schuld auf sich geladen. Angefangen beim ersten Kreuzzug (1096-1099) über die verschiedenen Pogrome bis hin zur sogenannten "Ersatztheologie", in der die Kirche sich als das neue Israel erklärte, was ganz eindeutig eine theologische Fehlentwicklung der Kirche war, wurde dem jüdischen Volk großes Unrecht angetan. Juden wurden verfolgt und gedemütigt bis herauf in unsere Zeit. 

Die Bibel spricht von Israel als einem Prüfstein der Nationen. Im Buch Joel sagt  Gott durch den Propheten: „Ich werde dort mit ihnen ins Gericht gehen wegen meines Volkes und meines Erbteils Israel, das sie unter die Nationen zerstreut haben; und mein Land haben sie geteilt“ (Joel 4,2). Wieder nennt Gott Israel „mein Volk“ und das Land „mein Land“. Wer sich also gegen Israel stellt, handelt gegen Gott; wer das Land aufteilt, stellt sich gegen Gottes Bund. Die Geschichte lehrt uns, dass diese Wahrheit auch ganz konkrete Folgen für die jeweiligen Nationen hatte und bis heute hat. Im Buch Jesaja lässt Gott den Propheten zu Israel sagen: „Alle, die gegen dich wüten, werden in Schimpf und Schande dastehen; alle, die dir dein Lebensrecht streitig machen, werden zugrunde gehen. Du wirst dich nach ihnen umsehen, aber sie nicht mehr finden; alle deine Feinde verschwinden und werden zu nichts.“ (Jesaja 41,11-12).

Die Bibel sagt, dass der Messias wiederkommen wird, wenn das Volk Israel wieder in seinem Land lebt und Jerusalem in seinem Besitz ist. Wer sich dieser Entwicklung entgegenstellt, stellt sich deshalb auch unweigerlich gegen Gottes Heilsplan. Jeder Versuch, diese Verheißung der Bibel zu leugnen oder Israel zu teilen, ist ein Angriff auf Gottes Wort und Gottes Verheißung. Gottes Widersacher kämpft mit allen Mitteln gegen Gottes Plan mit Israel. Wer behauptet: „Ich habe nichts gegen Juden, aber gegen Israel und seine Regierung“, verkennt, dass die Bibel und die Geschichte des jüdischen Volkes schon immer untrennbar mit dem Land Israel verbunden waren. Heute ist das jüdische Volk nach 2.000 Jahren seiner Zerstreuung wieder in sein Land zurückgekehrt. Das ist nichts anderes als die Erfüllung biblischer Prophetie (vgl. Jeremia 31,10 und Hesekiel 36,24). Israel bleibt das „Volk des Augapfels Gottes“ (vgl. Sacharja 2,12). Wie eine ganze Nation oder ein Mensch sich dazu stellt, entscheidet letztlich über sein eigenes Schicksal.

 

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