01.06.2013

Menschen brauchen Liebe - doch was braucht die Liebe von uns?

Wenn die Bibel von der Liebe Gottes zu uns Menschen spricht, verwendet sie einen Begriff, in dem Qualitäten wie „unerschütterlich“ und „selbstlos“ mitschwingen. Da ist nicht von Gefühl die Rede, sondern von einer bewussten Entscheidung und von einer unbedingten Bereitschaft zur Treue. Die Liebe bekommt so einen stabilen Rahmen, in dem sie sich entfalten kann. Gottes beständige Liebe zum unvollkommenen Menschen ist das christliche Ur- und Vorbild für die Liebe in Partnerschaft und Ehe und ist bis heute der Weg zum erfüllten Leben für unzählige Menschen. Inzwischen ist dieses Modell jedoch weitgehend aufgeweicht und von Formen des Zusammenlebens abgelöst worden, die mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten.

„Liebe ist der höchste Grad einer Arznei.“
Paracelsus (1493-1541), Arzt und Naturforscher, Theologe und Philosoph

Zwar wünschen sich die allermeisten Menschen nach wie vor erfüllte Beziehungen, nur geht dieser Wunsch leider für immer mehr Menschen nicht in Erfüllung. Oftmals gelingt zwar der Start - doch dann geht es nicht weiter. Mittel- und langfristig eine Beziehung zu erhalten und zu pflegen, gelingt nur mehr wenigen Paaren. Viel öfter kommt es zu Turbulenzen, Bruchlandungen und im schlimmsten Fall sogar zum Absturz.
 

Besonders in den Städten vereinsamen immer mehr Menschen. Die Zahl von Einpersonenhaushalten nimmt ständig zu. In Deutschland lebte 2011 bereits weniger als die Hälfte, nämlich 49,1% der Bevölkerung laut statischem Bundesamt in Familien. Vor 15 Jahren waren es noch 57%. Wer nicht über ein gesundes Beziehungsnetz verfügt, lebt in Isolation. Heirats- und Scheidungsziffern sprechen eine deutliche Sprache. 1960 heirateten in der Schweiz noch beinahe 100% der Frauen, heute sind es nur noch 60%. Bereits Ende der 90er Jahre wurden diese Ehen bei 50% der Männer und Frauen unter 50 Jahren durch Scheidung wieder aufgelöst. Dennoch sieht ein Großteil der Jugendlichen in Ehe und Familie eines der wichtigsten Ziele ihres Lebens. Was also können wir tun, um dieses Missverhältnis auszugleichen? Wie können Ehen wieder haltbar werden und Beziehungen gelingen?

Konstruktiv miteinander zu reden, ist eine Kunst, doch eine, die man lernen kann.

Wie sprechen wir miteinander?

Aussagen von Therapeuten zufolge ist einer der häufigsten Scheidungsgründe mangelnde Kommunikation. Wenn die Ehepartner miteinander sprechen, dann oft nicht auf förderliche, konstruktive Weise. Beziehungen müssen nicht frei von Streit und Meinungsverschiedenheiten sein. Doch es ist wichtig, wie wir damit umgehen. Mit welchem ‚Werkzeug‘ wir unsere Beziehungsprobleme lösen. Wer in seiner ‚Beziehungs-Werkzeug-Kiste‘ nur Hammer, Meißel und Beißzange hat, wird wahrscheinlich scheitern. Konstruktiv miteinander zu reden, ist zwar eine Kunst; doch eine, die man lernen kann.

Die Vergangenheit behindert uns

Ein wichtiger Punkt ist auch unsere Vergangenheit. Wir alle sind viel mehr davon geprägt, als wir wahrhaben wollen. Egal ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Nicht immer muss es seelischer, verbaler, physischer oder sexueller Missbrauch sein, der uns belastet. Es reichen auch Verhaltens- und Denkmuster, die oft über Jahrzehnte, manchmal sogar über Jahrhunderte von einer Generation an die nächste weitergegeben wurden. Erst wenn wir uns bewusst werden, wie uns unsere Vergangenheit prägt, können wir solche Muster durchbrechen und unser Verhalten ändern.

Nur wer weiß, in welchem Käfig er steckt, kann auch ausbrechen.

Manchmal braucht es dazu die Hilfe eines Seelsorgers oder Therapeuten. Doch Veränderung ist möglich. Auch wenn sie nicht immer einfach ist. Viele unserer Denk- und Verhaltensmuster sind im Laufe der Jahre von uns selbst erlernt worden und können deshalb auch wieder verlernt und durch neue ersetzt werden. Der Aufwand lohnt sich in jedem Fall. Falsch wäre es, so der bekannte Paartherapeut und Seelsorger Hans Jellouschek, das Modell der Dauerbeziehung und die Idee der Treue aufzugeben. Schließlich gibt es bei uns Menschen neben dem „Bedürfnis nach Flügeln“ auch das „Bedürfnis nach Wurzeln“, nach Geborgenheit und einer festen, verlässlichen, dauerhaften Beziehung. Dieses Bedürfnis kann aber nur dann gestillt werden, wenn wir daran arbeiten.

Es lohnt sich, die Ehe zu pflegen

„Sich um die Liebe zu betrügen ist der fürchterlichste Betrug; ein ewiger Verlust, der sich nie ersetzen lässt,weder in der Zeit noch in der Ewigkeit.“
Søren Kierkegaard (1813-55), Philosoph

Es lohnt sich immer, wenn wir die Ehe pflegen und sie zu einer Oase der Lebenskultur ausbauen, denn darin liegt ein großes Glück. Harmonische Ehen und Familien ermöglichen höchste Lebensqualität. In christlich geprägten Ehen sollte das generell der Fall sein, weil Werte wie Treue und Liebe durch Gott noch einmal eine zusätzliche Bedeutung erhalten. Wer in einer solchen Ehe lebt und schon lange verheiratet ist, weiß vielleicht, wie befriedigend und harmonisch eine solche Ehe sein kann, wenn die Voraussetzungen stimmen oder im Laufe des Lebens erarbeitet wurden. Solche Beziehungen sind im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert und oft auch ein Beispiel für die vielen Menschen, die verzweifelt danach suchen.

Mir fehlt nur leider der Partner dazu

Diese Aussage hören wir heute von sehr vielen Menschen. Auch viele Christen wissen, wie das ist, wenn Jahre und Jahrzehnte vergehen und alles da ist, nur der richtige Partner nicht. Noch häufiger trifft es jedoch junge Menschen, die von einer harmonischen christlichen Ehe und Partnerschaft noch überhaupt keine Ahnung haben. Sie suchen ihr Glück oft in individueller Selbstverwirklichung und streben danach, möglichst unabhängig zu sein, um ihre individuellen Bedürfnisse zu befriedigen; vor allem ihr Bedürfnis nach Glück. Sie leben nach dem Motto: Alles ist erlaubt, wenn es mir nur auf der Suche nach meinem Glück dient.

Überhöhte Glückserwartungen

Es ist interessant, dass die Sehnsucht nach Glück sich bei den meisten Menschen noch immer auf das Glück in der Liebe konzentriert. Dieses Verständnis von Liebe läuft allerdings auf ein subjektives Gefühl hinaus, das auf gegenseitige Beglückung ausgerichtet ist. Liebe wird so zu einem Begriff, der von jedem mit beliebigem Inhalt gefüllt werden kann. Wenn der Partner die Glückserwartung dann nicht mehr erfüllen kann, führt das zur Beendigung der Freundschaft, Partnerschaft oder Ehe. Ehe wird in der Regel ohnehin nur noch als Privatangelegenheit betrachtet und nicht mehr als gesellschaftlich relevante Lebensform. Wer jedoch nach den oben genannten Grundsätzen lebt, opfert dem persönlichen Glück das Leben in der Beziehung zu einem Partner. So werden Ehen geschieden und Partner gewechselt, um die individuellen Bedürfnisse mit einem anderen Partner zu befriedigen. Viele Ehen scheitern allein an dieser überhöhten Glückserwartung und den Ansprüchen gegenüber dem Partner. Die Hoffnung, einen Liebes- oder Sexualpartner zu finden, wird zur Hauptattraktion eines solchen Lebens - ähnlich ekstatisch wie der Discobesuch, Drogen- oder Alkoholrausch am Wochenende. Wie der andere sich fühlt, welche Sehnsüchte, Enttäuschungen, liebenswerten Eigenheiten und Verletzungen er hat, ist nicht so wichtig und wird in der Regel erst gar nicht angesprochen.

Wie kommt es, dass Menschen so flexibel geworden sind?

Die Hoffnung auf schnellen Sex betrügt uns Menschen um den Preis tiefer, bleibender Liebe.

Wenn doch die menschliche Seele - das „Herz“ - so sensibel und zerbrechlich ist, wie kommt es, dass häufig wechselnde Partner heute keine Seltenheit mehr sind? Wie können junge aber auch erwachsene Menschen ihr Herz so schnell verschenken? Wie können sie Sex mit so vielen verschiedenen Partnern aushalten? Möglich ist das alles nur, weil sich ein Mensch bei jedem Sexualverkehr ohne Herz ein Stück mehr an den Trugschluss gewöhnt, den er zuerst nicht als solchen erkennt. Doch wenn wir an die Menschen denken, die gar nicht mehr fähig sind, sich wirklich auf einen anderen einzulassen, können wir verstehen, worin der Trugschluss besteht. Er führt zu Bindungsängsten, und die wiederum unterwandern eine tragfähige Liebesbeziehung. Das ist die große Tragik an dieser Entwicklung. Diese Form der Beziehungsunfähigkeit ist heute bei immer mehr Menschen zu beobachten. Als Folge davon entsteht eine innere Leere, das vage Gefühl eines Verlustes, den der oder die Betreffende oft gar nicht richtig zu benennen vermag.

Wenn Ehen kein Beispiel mehr sind

Leider gibt es auch immer mehr Ehen, die in Scherben enden, weil sie katastrophal geführt werden. Doch kann das ein Grund dafür sein, die Ehe als glücksbringendes Beziehungsmodell grundsätzlich aufzugeben? Genau das ist heute jedoch der Fall. Einer der wichtigsten Gründe dafür sind die fehlenden sichtbaren Beispiele gut geführter, glücklicher Ehen. Denn je mehr Beispiele wir kennen, in denen ein anvertrautes Herz verraten wird, desto schwieriger wird es, sich selbst einem anderen Menschen anzuvertrauen.

„Das an Freuden reichste Erlebnis meines Lebens war meine Ehe.“
Winston Churchill (1874-1965), britischer Staatsmann

Wem kann ich vertrauen? Wo finde ich Heimat? Wo Geborgenheit?

Wer immer sich diese Fragen stellt, nachdem eine Ehe oder Partnerschaft, Freundschaft oder Beziehung in die Brüche gegangen ist, darf wissen, dass jeder von uns bei Gott willkommen ist, zu jeder Zeit, in jeder Lebenslage. Gott will unser Vater sein, der in allem nur unser Bestes im Sinn hat. Selbst wenn es schmerzhafte Erfahrungen sind, die uns davon abhalten, an die Güte Gottes zu glauben und darauf zu vertrauen, so können wir dennoch wissen, dass wir uns ihm immer anvertrauen können. Denn Gott ist gut. Der Weg zu diesem guten, gnädigen und barmherzigen Gott ist Jesus Christus. Er hat die Schuld für unsere Gleichgültigkeit und unsere egoistischen Wege durch seinen Tod am Kreuz bezahlt. Jesus, der Sohn Gottes, ist der Weg zu Gott. Wer also sein Herz leichtfertig verschenkt hat oder aus irgendeinem anderen Grund von einem Menschen enttäuscht wurde und deshalb durch eine schmerzvolle Zeit gehen muss, der darf wissen, dass Gott vergibt und immer wieder neu mit uns anfängt, wenn wir ihn darum bitten, ihm vertrauen und seinen Worten glauben. Wer Angst davor hat, sich noch einmal zu verlieben und traurig darüber ist, dass es vielleicht niemanden mehr geben könnte, den er oder sie noch lieben könnte, darf wissen, dass Gott jeden von uns so sehr liebt, dass Jesus mit dem Tod am Kreuz dafür bezahlt hat. Ihm können wir uns anvertrauen, weil wir wissen, dass wir von ihm nie enttäuscht werden. Jesus selbst sagt: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ (Johannes 6,37)
Er kann auch die verloren gegangene Liebesfähigkeit wieder heilen und uns alles zurückgeben, was wir durch eigenes Verschulden oder das Verschulden anderer in unserem Leben eingebüßt haben. Wer umkehrt, an ihn glaubt und ihn im Vertrauen um Heilung bittet, dem wird er helfen.

Wie hat der Schöpfer es sich gedacht?

Gott hat den Menschen als Mann und Frau erschaffen (vgl. 1. Mose 1,27). Das zeigt, dass Mann und Frau in der Ehe zusammengehören, so dass sie zu „einem Leib“ werden,
d. h. sie bilden eine umfassende persönliche Gemeinschaft auf allen Gebieten, in die auch ihre sexuelle Beziehung eingebettet ist (vgl. 1. Mose 2,18-25; Matthäus 19,4-6). Kinder sind ein Segen Gottes im Rahmen der Ehe (vgl. 1. Mose 1,28; Psalm 127,3). Gott bringt Mann und Frau zusammen, damit sie einander erfreuen, ergänzen, ermutigen und tragen.

Was gibt es Schöneres, aber auch Beängstigenderes und Furchtbareres, als sein Herz zu verschenken. Menschen machen es in ihrem Leben vielleicht ein- oder zweimal, aber gewiss nicht viele Male.

Liebe ist in der Bibel nicht nur ein subjektives Gefühl, sondern ein ganzheitliches Beziehungsgeschehen zwischen Partnern. Sie drückt sich zunächst im gemeinsamen Leben aus, in dem die Partner füreinander sorgen und einstehen (vgl. 1. Korinther 13,7).
Deshalb sollen sich beide Partner in der Ehe auf die Treue des anderen verlassen können. Denn dadurch wird die Liebesgemeinschaft zu einer Lebensgemeinschaft. In diesem Sinne ist die Ehe nach Gottes Willen eine lebenslange Partnerschaft von einem Mann und einer Frau, die Gott zusammengefügt hat (vgl. Matthäus 19,6). Weil die Ehe der von Gott gewollte Raum für eine lebenslange Gemeinschaft von Mann und Frau ist, verbietet Jesus den Ehepartnern ausdrücklich, sich voneinander zu scheiden. Dazu heißt es in der Bibel: „Der Mensch soll nicht trennen, was Gott zusammengefügt hat.“ (Markus 10,9)
Das Verständnis von Ehe als einer nur für eine bestimmte Zeit geltenden Partnerschaft widerspricht also ganz eindeutig dem Willen des Schöpfers.

„Niemand ist frei,
der nicht über sich selbst Herr ist.“
Matthias Claudius (1740-1815), Poet

Wenn sich nun der Mensch gegen diese Ordnungen Gottes auflehnt, so hat das Folgen für alle Bereiche seines Lebens. Durch die Sünde werden Beziehungen zwischen Mann und Frau gestört, es kommt zu Misstrauen, Angst und gegenseitiger Anklage. Darauf folgt nicht selten die Herrschaft des Mannes über die Frau oder es entstehen sexuelle Abhängigkeiten (vgl. 1. Mose 3,7.12.16). Doch weil Jesus Christus die Trennung des Menschen von Gott durch sein Erlösungswerk am Kreuz überwunden hat, ist es möglich, dass bei Menschen, die an ihn glauben, Beziehungen wieder heilen können (vgl. Galater 3,28). Wer sich von Gott geliebt weiß und wem die sich selbst hingebende Liebe Jesu Christi ein Vorbild ist, der kann seine Ehe aus der Kraft der Liebe Gottes gestalten. Er kann um Vergebung bitten, wo er den Partner verletzt hat und kann auch Vergebung gewähren, weil er weiß, dass ihm selbst von Gott vergeben wurde. Ehepartner, die sich von Gott geliebt wissen, sind auch fähig, Belastungen und Not gemeinsam zu tragen und einander die Treue zu halten (vgl. Epheser 5,21-33; Kolosser 3,13f; 1. Petrus 3,7). Das alles sind beste Voraussetzungen für das Gelingen einer Ehe und Partnerschaft. Wir müssen es nur wollen. Es gibt den Weg - gut, wenn wir ihn kennen. Noch besser, wenn wir ihn auch gehen, denn er führt zum Glück.

 

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