02.04.2013

Älter werden - jung bleiben

78 Prozent der über 59-Jährigen geben laut Umfragen an, keine Angst zu haben bei dem Gedanken, älter zu werden. Ja, für rund 65 Prozent beginnt das Leben „erst so richtig mit dem Ruhestand". Allerdings wünschten sich vor 50 Jahren noch 55 Prozent ein möglichst hohes Alter, wogegen derzeit nur noch rund ein Viertel der Befragten Lust darauf hätte, uralt zu werden und nur noch rund sieben Prozent sind der Meinung, dass jemand zum Zeitpunkt des Rentenbeginns „zum alten Eisen" gehört.

„In Deutschland", so sagt Familienministerin von der Leyen, „werden die 40- bis 50-Jährigen bald die stärkste Gruppe am Arbeitsmarkt seinṠ. Deshalb müsse der Staat bessere Strukturen für das ehrenamtliche Engagement älterer Menschen schaffen.

Schon heute verfügt die Generation der über 60-Jährigen in Deutschland über eine Kaufkraft von 316 Milliarden Euro jährlich. Das ist ein Drittel des gesamten privaten Konsums. Dieser Anteil wird bis zum Jahr 2050 aus demografischen Gründen auf 386 Milliarden Euro steigen und dann sogar mehr als 41 Prozent des gesamten Konsums ausmachen. Andererseits findet man heute in 60 Prozent der Betriebe in Deutschland keine Beschäftigten mehr, die über 50 Jahre sind, weil jüngere Arbeitskräfte billiger sind. So ist Deutschland heute das europäische Land mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit und der höchsten Arbeitslosigkeit bei den über 45-Jährigen, die mehr als ein Viertel aller Dauerarbeitslosen ausmachen.

Nun ist es aber so, dass die Jahreszahl nicht unbedingt etwas über das Alter eines Menschen aussagt. Wie alt ein Mensch wirklich ist, lässt sich viel eher an seiner Flexibilität ablesen. Die Frage, die sich ein Mensch dazu stellen muss, ist: „Kann ich noch Neues oder Anderes denken und zulassen oder gilt nur das, was ich immer dachte, wie ich immer Dinge anging, was ich für richtig halte? Wie anpassungsfähig bin ich noch?" Leider gibt es viele verbitterte alte Menschen, denen keiner etwas recht machen kann. An allem und jedem nörgeln sie herum und werden so zur Last für andere. Wer sich hingegen schon in früheren Jahren immer zu beschäftigen wusste, wird auch im Alter genug zu tun haben. Viele alte Menschen sitzen jedoch im Seniorenheim einfach nur da und können sich zu nichts mehr aufraffen. Andere wiederum sind sogar auf Hass und Neid fixiert, weil sie Erfahrungen in ihrem Leben gemacht haben, die sie nie verarbeitet haben. Wieder andere können keine Hilfe annehmen, weil sie Hilfe schon immer abgelehnt haben. Solche Menschen sind im Alter oft störrisch und verbittert. Wer schon mit 30 oder 40 Jahren ständig über das Leben gejammert und daran herumnörgelt hat, wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Alter nicht gerade eine fröhliche Atmosphäre verbreiten. Gleiches gilt für den, der sich schon in der Lebensmitte gehen lässt.

Was ein Mensch schon früh, spätestens aber in seinen mittleren Jahren lernen sollte, das ist, dass er Frieden mit der Vergangenheit machen sollte. Nur wer Frieden mit Gott und den Menschen geschlossen hat, kann von diesen zusätzlichen Belastungen im Alter verschont bleiben. Der Schlüssel dafür ist ein tiefer, echter Glaube an den liebenden Gott im Himmel. Dazu kann uns eine Aussage Gottes in der Bibel helfen, wo es heißt:

„Von Anfang an habe ich euch getragen, seit eurer Geburt sorge ich für euch! Ich bleibe derselbe, ich werde euch tragen bis ins hohe Alter, bis ihr grau werdet. Ich, der Herr habe es bisher getan, ich werde euch auch in Zukunft tragen und retten." (Jesaja 46, 3-5)

Wie ein Vater seinen kleinen Sohn oder seine kleine Tochter trägt, so werden wir von Gott getragen. Wenn wir uns zu ihm bekennen und an ihn glauben und ihm vertrauen, so trägt und erträgt er uns bis ins hohe Alter. Er trägt uns sogar dann noch, wenn unser irdisches Leben zu Ende geht, weil er uns in seine Ewigkeit retten will, wenn wir uns von ihm tragen lassen. Deshalb ist es wichtig, dass wir so früh wie möglich lernen, diesem Gott zu vertrauen, der uns dann auch im Alter trägt. Sterben müssen wir alle – das ist der Weg des Menschen. Doch es ist ein großer Unterschied, wie wir sterben. Mose schreibt im 90. Psalm:

„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden."

Wenn wir in dieser Weise „klug" geworden sind, können wir als Menschen zu Gott im Gebet sagen: „Gott, ich weiß nicht, wie viel Zeit Du mir noch anvertraust. Aber ich bitte dich, hilf mir, das Altwerden als ein Reifen zur Vollendung zu begreifen. Hilf mir zum Alter ja zu sagen, denn es gibt keine Zeit, die nicht Deine Zeit ist, die nicht von Dir her Sinn, Auftrag und Erfüllung erhält. Danke, dass ich auch im Altwerden Dein Kind sein kann und Du mein Vater bleibst. Lass mich Dir dafür von Herzen dankbar bleiben."

Ein jüdisches Sprichwort sagt: "Für die Uneingeweihten ist das Alter der Winter – für den Eingeweihten die Erntezeit des Lebens." Was aber bedeutet es wohl, ein „Eingeweihter" zu sein? – Wahrscheinlich ist es der, der selbst in diesem Lebensabschnitt steht. Denn nur ein alt gewordener Mensch weiß dann auch, dass Alter nicht zwangsläufig nur Frieren und Absterben bedeuten muss, sondern auch herrlich blauen Himmel, verschneite Wälder und fröhlich Eis laufende oder rodelnde Kinder. Ältere Menschen müssen manchmal nur aus dem Fernsehsessel aufstehen und einen Spaziergang unternehmen, um es zu erleben. Das bringt nicht nur den Kreislauf in Schwung, sondern hellt auch das Herz und die Gedanken auf. Freude können wir nur an etwas haben, wenn wir es tun.

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist das Lernen eines ganz bewussten Loslassens. Loslassen ist vielleicht einer der schwersten Prozesse, die wir als Menschen im Leben zu lernen haben. Im Grunde genommen üben wir uns daran von der Wiege bis zum Tod. Denn so wie unser Leben mit der durchtrennten Nabelschnur beginnt, endet unsere Reise auf dieser Erde dann auch. Wir alle müssen lernen loszulassen. Das gilt nicht nur für die Älteren unter uns, sondern für uns alle. Der gesamte „Lebensweg" eines Menschen ist geprägt vom Loslassen. Da sind Wünsche, Träume, enttäuschte Erwartungen und nicht erreichte Ziele, die wir loslassen und an Gott zurückgeben müssen – manchmal auch Menschen: Einen Freund, der in eine andere Richtung gegangen ist oder zu studieren begonnen hat, an einen anderen Ort gezogen ist, vielleicht geheiratet hat oder ins Ausland ging. Unsere Eltern, die vielleicht schon verstorben sind. Bei allen diesen Erlebnissen müssen wir lernen loszulassen. Das sind manchmal sehr schmerzhafte Prozesse – besonders dann, wenn es um das Loslassen von Menschen geht. Manches fällt uns leichter und wir können gut damit umgehen. Wenn z. B. Eltern ihre Kinder loslassen müssen, weil sie ein Leben in der Eigenständigkeit beginnen, dann ist das nicht für alle Eltern gleich schwer. Je enger die Beziehung allerdings war, desto größer kann auch der Schmerz sein! Aber über diesen Verlust kommen wir in der Regel hinweg, wenn es auch manchmal ein wenig länger dauert.

In allen diesen Dingen ist es gut, wenn wir wissen: Gott sieht, wenn wir leiden. Er sieht auch unsere Einsamkeit, unsere Minderwertigkeitsgefühle, unsere Ängste, Fragen und Sorgen – und Gott steht ihnen nicht gleichgültig gegenüber. Im Gegenteil, er ist davon berührt. Es tut ihm auch weh, wenn er sieht, wie wir als Menschen an den Folgen einer gefallenen Welt leiden. Sein Plan war es, dass jeder Mensch mindestens einen anderen Menschen hat und Glück in dieser Gemeinschaft erfährt.Gott sieht auch unsere Herzenswünsche, wenn wir uns vielleicht immer einen Ehepartner gewünscht haben und es dennoch nie dazu kam. Gott ist nicht einer, der diese Herzenswünsche kleinredet und sagt: „Das ist ja nicht so wichtig – es gibt Schlimmeres!" Nein. Selbst wenn jemand zu Gott kommt und sagt: „Ich habe versucht, alles anzunehmen, was du mir gibst. Aber ich komme nicht zurecht damit!" – dann lesen wir dazu in Gottes Wort:

„Er wird das geknickte Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen." (Jes. 42, 3)

Oder in Psalm 62: „Kommt, schüttet euer Herz allezeit vor Gott aus!"

Generell gibt uns Gott ja eine Menge von Verheißungen mit auf den Weg.

So lesen wir z. B. im 23. Psalm, Vers 5: „Du schenkst mir voll ein, mein Becher fließt über."

Oder in Psalm 16, Vers 1: „Du wirst mir kundtun den Weg zum Leben. Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht."

In Psalm 31, Vers 8 heißt es: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum."

Oder in Johannes 10, Vers 10: „Ich bin gekommen, dass sie Leben im Überfluss haben."

Ja, Gott will, dass wir ein Leben in Fülle leben. Das ist die Wahrheit. Manchmal sind wir aber selbst so blockiert, dass wir unseren Kopf nicht mehr heben wollen. Im Alten Testament wird uns dazu von einem Menschen berichtet, dem es schlechter ging als jedem von uns. Der Mann hieß Jabez, zu Deutsch: Kummerkind. Er war ein kleiner, verkümmerter Schwächling, der beschützt werden musste. Doch sein Vertrauen auf Gott war groß. Und ebenso groß waren seine Träume. Er ließ sich von den engen Grenzen seiner Lebensumstände nicht entmutigen und ließ es nicht zu, dass Zweifel sein Vertrauen untergruben. Stattdessen ging er zu Gott. In der Bibel lesen wir dazu in 1. Chr 4,10:

„Und Jabez rief den Gott Israels an und sagte: Ach, dass du mich doch segnen und mein Gebiet erweitern mögest. Und du das Übel von mir fernhieltest, damit kein Schmerz mich treffe. Und Gott ließ kommen, was er erbeten hatte."

Es ist nicht so, dass Gott wie ein Wunschautomat ist, der uns ausschließlich zu unserem Glück verhilft. Tatsache aber ist, dass Gott uns segnen will. Er will unseren Lebensraum weiter machen – und das in allen Lagen unseres Lebens und auch unseres Alters. Haben wir den Mut dazu? Fragen wir nach neuen Ufern? Bitten wir Gott „unverschämt"? Oder haben wir schon aufgegeben, dass unser Leben erfüllt sein könnte, dass Gott überhaupt hört?

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