01.06.2013

Liebevolle Beziehungen sind gesund

Was gehört zu einer guten Beziehung?

  • Offenheit: Ich kann mich öffnen, Persönliches erzählen, weil ich mich verstanden fühle und Vertrauen zu dem anderen habe.

  • Echtsein: Ich kann so sein, wie ich bin. Ich muss mich nicht verstellen, weil ich mich akzeptiert weiß. Ich kann sogar zu meinen Schwächen stehen.

  • Hilfe: Sich gegenseitig helfen und unterstützen und das Beste für den anderen wollen, sich in die Bedürfnisse des anderen einfühlen. Dazu gehört gegenseitige Ermutigung ebenso wie praktische Hilfe.

  • Freiheit: Dem anderen gewisse Freiheit gewähren: Er muss nicht so werden, wie ich es will, sondern wie es für ihn gut ist. Deshalb sollte ich ihn nicht kontrollieren und bestimmen, sondern loslassen.

  • Wertschätzung: Wir sollten uns aneinander freuen und diese Wertschätzung auch gegenseitig zum Ausdruck bringen.

  • Fördern: Bemühen Sie sich immer, die Stärken und Begabungen des anderen zur Geltung zu bringen und sie auch zu fördern.

Das sind nur einige der Punkte, die sicher noch ergänzt werden könnten. Denn was eine gute Beziehung ausmacht, hängt natürlich auch von individuellen Gegebenheiten ab. Das gilt sowohl für unsere Familie wie für Freunde, für Beziehungen unter Christen wie unter Arbeitskollegen.

„Unfassbar ist der Mensch, den man liebt - nur die Liebe erträgt ihn so.“
Max Frisch (1911-1991), Schweizer Schriftsteller

Jeder von uns wünscht sich gute Beziehungen und echte Freundschaften. Umfragen zufolge messen die meisten Menschen Freundschaften einen hohen Stellenwert bei. Und ich denke: zu Recht! Das hat auch damit zu tun, wie Gott uns Menschen geschaffen hat. Wir alle sind nämlich auf ein „Du“ hin geschaffen. Deshalb sollten wir auch keine Einsiedler sein, sondern in Liebe mit anderen Menschen verbunden leben. Eine der schönsten Aufgaben unseres Lebens ist, uns gegenseitig zu beschenken mit dem, was jeder Mensch aufgrund seiner einzigartigen Persönlichkeit und Erfahrung ist und hat. Doch vergessen wir nie, dass immer da, wo wir etwas sehr Kostbares in unserem Leben haben, auch die größte Gefahr lauert. Was uns also sehr glücklich machen kann, kann uns gleichzeitig sehr viel Not bereiten.

Beziehungs-Angst und Beziehungs-Sucht - zwei entgegengesetzte Pole, die dennoch nicht weit voneinander entfernt liegen

Wir wissen, es gibt Menschen, die haben Angst vor Beziehungen und Bindungen, ziehen sich deshalb zurück und haben sich vielleich schon einen Schutzpanzer zugelegt, für den Fall, dass ihnen jemand zu nahe kommen könnte. Andere wiederum können es ohne Menschen um sich herum gar nicht aushalten. Sie brauchen ständig jemanden, an den sie sich klammern können, um nicht innerlich abzustürzen. Doch beides ist gar nicht so weit voneinander entfernt. Denn beide Verhaltensweisen haben in vielen Fällen die gleiche Wurzel und lassen sich im Grunde auf einen Mangel an Liebe und Geborgenheit in der Vergangenheit - häufig in der Kindheit - zurückführen. Angst und Sucht sind oft zwei verschiedene Seiten der gleichen Medaille. Dahinter steht die Sehnsucht nach Anerkennung und Wertschätzung wie auch die Angst vor Ablehnung und Kritik.

Die einen hängen sich an alle erreichbaren Menschen, um Annahme und Liebe zu bekommen. Die anderen gehen ihren Mitmenschen aus dem Weg, um nur ja nicht abgelehnt zu werden. Natürlich spielen, wie bei allen Beziehungsstörungen, oft noch verschiedene andere Faktoren eine Rolle. Aber im Kern geht es meistens um einen grundlegenden Mangel an bedingungsloser Annahme und Liebe, die der Betreffende auf verschiedene Weise versucht, bei anderen Menschen zu stillen.

Ursachen von Beziehungsstörungen und Wege der Veränderung und Heilung

Der Umgang mit unserer Persönlickeitsstruktur

Es gibt in jedem Menschen zumindest zwei ganz natürliche Bedürfnisse:

  • Der Wunsch nach Freiheit: Wir alle wollen Individuen sein mit einer unverwechselbaren Persönlichkeit. Wir wollen selbstständig sein, einen klaren, eigenen Weg gehen und uns nicht von anderen Menschen bestimmen lassen.

  • Die Sehnsucht nach Geborgenheit: Wir alle wünschen uns, in ein größeres Ganzes eingebettet zu sein und zu einer Gemeinschaft dazu zu gehören. Wir brauchen also mehr oder weniger alle Nähe und Gemeinschaft, Schutz und Halt durch andere Menschen.

Diese beiden Grundbedürfnisse des Menschen stehen sich wie zwei Pole gegenüber. Das Verhältnis dieser zwei Grundbedürfnisse ist bei jedem anders - z. B. 80% Freiheit, 20% Geborgenheit oder umgekehrt 20% Freiheit und 80% Geborgenheit - je nachdem zu welchem Typ von Mensch wir gehören.

  • Der Distanztyp: Bei ihm ist das Bedürfnis nach Freiheit und Unabhängigkeit stärker ausgeprägt als das Bedürfnis nach Gemeinschaft.

  • Der Nähetyp: In ihm ist das Bedürfnis nach menschlicher Nähe stark ausgeprägt.

„Das Schönste, was ich mir denken kann, ist auf einem einsamen Berg oben auf dem Gipfel alleine zu stehen,“ sagt der Distanztyp, während sich der Nähetyp vielleicht von einem Haus, das Wärme und Behaglichkeit ausstrahlt, angezogen fühlt.

Was sollten sich Distanztypen von Gott schenken lassen?

Wenn sich der Distanztyp zu sehr von seinen Mitmenschen abkapselt, liegt das vielleicht an früheren Verletzungen, die z. B. von sehr dominanten Eltern stammen können. Für einen Distanztypen geht es dann darum, mehr Mut zu gewinnen, Gefühlen zuzulassen, mehr Nähe zu wagen und sich zu öffnen, um dadurch gemeinschaftsfähiger zu werden. Ein Nähetyp hingegen ist vielleicht anfällig für Beziehungssucht. Er ist für Harmonie und Treue, ist mitfühlend und opferbereit. Doch es kann sein, dass er sich Liebe verdienen will, zu sehr von seinen Gefühlen abhängig ist und stets gebraucht werden will. Dabei gerät er leicht in die Abhängigkeit von starken Persönlichkeiten. Nähetypen müssen lernen, zu ihren eigenen Bedürfnissen und Gefühlen zu stehen und die Bestätigung des eigenen Wertes nicht bei anderen Menschen zu suchen.
Für beide Typen geht es oft auch darum, versteckten Egoismus zu entlarven.

„Man ist glücklich verheiratet, wenn man lieber heimkommt als fortgeht.“
Heinz Rühmann (1902-1994), deutscher Schauspieler

Beziehungsangst und Beziehungssucht als Folgen seelischer Verletzungen

Die Verletzungen, die zu Beziehungssucht auf der einen und Beziehungsangst auf der anderen Seite führen können, reichen von Ablehnung bis Missbrauch, von Vertrauensbruch bis zu schockierenden Entdeckungen. Es gibt viele gute psychologische Ansätze, um mit solchen Verletzungen umzugehen, sie vielleicht sogar zu heilen. Das Wichtigste jedoch ist, dass Jesus gesagt hat, dass er gekommen ist, um zerbrochene Herzen zu heilen: „Er hat mich gesandt, zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind.“ (Lukas 4,18) Jesus hat selbst schlimmste Ablehnung erlitten, als er verraten, verleugnet, verspottet und ans Kreuz geschlagen wurde. Deshalb kann er alle verstehen, die Ablehnung erlebt haben. Er versteht nicht nur unsere Wunden, sondern er trägt sie auch für uns. Das sollte jedem von uns genügend Hoffnung geben - auch für die eigene Beziehung.


 

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