01.09.2008

Erziehung zur Gemeinschaftsfähigkeit

An der Beziehungs- und Gemeinschaftsfähigkeit eines Menschen erkennen wir in der Regel seine seelische Gesundheit. Je kontaktgestörter, beziehungsärmer und gehemmter ein Mensch ist, desto eher flieht er in falsche Verhaltensmuster. Psychische Störungen und Krankheiten aller Art gehören in unserer gefallenen Welt zum Alltag, auch zum Alltag von Christen. Denn mit dem Sündenfall im Paradies haben alle Beziehungen des Menschen einen Knacks bekommen. Nunmehr sind alle seine Beziehungen gestört,

  • seine Beziehungen zu Gott,
  • seine Beziehungen zu den Mitmenschen und
  • seine Beziehung zu sich selbst.

Im Wesentlichen können wir deshalb sagen, Christus ist in diese Welt gekommen, um diese Störungen der Gemeinschaftsfähigkeit zu heilen.

Wo aber werden geheilte Beziehungen eintrainiert?

Vor allem in den Familien. Das gilt sowohl für Lebens-, Arbeits- und Liebesbeziehungen wie auch für Konfliktfähigkeit. Die Wahl des Partners hängt nicht unwesentlich von den Erfahrungen ab, die ein Kind mit seinen Eltern und Geschwistern gemacht hat.

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Erziehen heißt nicht verwöhnen

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Reinhold Ruthe

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Verwöhnung ist dabei der sicherste Weg in psychische Labilität. Verwöhnung provoziert ständig neue Wünsche und Forderungen und macht dadurch suchtanfällig. Der Verwöhnte weicht der Realität aus, flieht in Tagträume und irreale Zukunftsphantasien. Selbstwertstörungen erfassen in der Regel alle Bereiche des Menschen. Ein solcher Mensch findet sich nicht liebenswert, nicht attraktiv, nicht intelligent. Er gibt sich gehemmt, schüchtern, beschäftigt sich zuviel mit sich selbst, weicht Kontakten aus, ist misstrauisch oder hält sich andererseits für etwas Besonderes.

Was sollten Eltern und Erzieher bedenken?

Gemeinschaftsfähigkeit müssen wir erlernen und trainieren. Die beste Basis dafür ist ein gutes Zusammenspiel von Eltern, Kindergärtnern und Lehrern mit den Kindern. Wo Menschen zusammenleben, gibt es Reibungen, Konflikte und Ärger. Aber das muss nicht schlecht sein. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen. In der Bibel spricht Jesus davon, wie unser Zusammenleben gelingen kann. In Matth. 7, 12 sagt er: Handelt den Menschen gegenüber in allem so, wie ihr es von ihnen euch gegenüber erwartet. Das ist es, was das Gesetz und die Propheten fordern. Einfacher und prägnanter kann man es eigentlich gar nicht sagen.

  • Jeder weiß, was er von anderen erwartet;
  • jeder weiß, dass Geben und Nehmen, Schenken und Beschenkt werden, Gelten und Geltenlassen, Beglücken und Beglücktwerden zusammengehören.
    Deshalb werden Eltern und Erzieher, die diesen Grundsatz vorleben, Gemeinschaftsfähigkeit bei ihren Kindern bewirken.
  • Wenn Sie Rücksichtnahme erwarten, beginnen Sie selbst, Rücksicht zu nehmen.
  • Wenn Sie Respekt erwarten, leben Sie Respekt vor.
  • Wenn Sie erwarten, dass Ihr Kind Sie ernst nimmt, nehmen Sie auch Ihr Kind ernst.
  • Wenn Sie von Ihrem Kind nicht belogen werden möchten, verzichten Sie selbst auf Lügen.
  • Wenn Sie nicht hintergangen werden möchten, hintergehen Sie auch andere Menschen nicht.

Akzeptieren Sie das Kind so wie es ist!

Annahme ist das A und O in zwischenmenschlichen Beziehungen. Eingeschränkte Annahme beinhaltet eine eingeschränkte Beziehungsfähigkeit. Das Kind bekommt das Gefühl, dass es den Ansprüchen der Eltern nicht genügt und deshalb vielleicht nicht wertvoll, nicht liebenswert ist. Diese Mängel beeinträchtigen das Erlernen der Gemeinschaftsfähigkeit massiv.

Was müssen wir ändern?

Wenn wir als Eltern unsere Kinder zur Gemeinschaftsfähigkeit erziehen wollen, müssen wir zu allererst unsere eigenen Verhaltensmuster unter die Lupe nehmen. Was stört unsere Beziehungsfähigkeit? Welche Praktiken sind gemeinschaftsfeindlich? Welche Gewohnheiten untergraben die Liebesfähigkeit? Neigen wir z. B. zum Kritisieren? Sind wir perfektionistisch? Haben wir zu hohe Erwartungen? Sind wir fehlerorientiert? Solche Verhaltensmuster blockieren nämlich das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern. Vertrauen ist aber die Grundlage jeder Beziehungsfähigkeit. Misstrauen hingegen ist ein Beziehungskiller. Angst blockiert, macht unkritisch und verstärkt Hemmungen, sie macht einsam und fördert den Rückzug. Deshalb sollten wir Drohungen und Erpressungen vermeiden. Denn das Kind wird dadurch entmutigt und bekommt Angst vor Beziehungen. Ermutigung hingegen ist sogar noch wichtiger als Lob. Denn loben kann man nur Leistungen. Ermutigen kann ich hingegen auch ein Kind, das Fehler gemacht hat. Ermutigen heißt: Ich glaube an das Kind und ich setze alles daran, dem Kind zu helfen, dass es auch an sich glaubt. Der ermutigte Mensch strahlt Zuversicht aus. Er glaubt an sich und seine Möglichkeiten. Und weil er Selbstvertrauen hat, ist er auch gemeinschaftsfähig.

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